Große Elektronikunternehmen, Industrieverbände und Arbeitskreise haben im Jahr 2005 und vorher weltweit die Einführung von Zinn-Silber-Kupfer (SAC) als bleifreies, alternativloses Nachfolgelot für Zinn-Blei-Lot SnPb37 und Derivate empfohlen. Es entsprach den Denkgewohnheiten des Zinn-Blei-Zeitalters, auch weiterhin mit einer Lotlegierung alle sich stellenden Verbindungsaufgaben in der Elektronik erledigen zu wollen.
SAC305 gilt als bevorzugtes bleifreies Lot
SAC lässt eine relativ große Variationsbreite der Zusammensetzung zu, die durch ein IPC-initiiertes Projekt im Jahr 2006 auf die Empfehlung der Zusammensetzung Zinn-Silber-Kupfer-Lot SnAg3Cu.5 (SAC305) hinaus lief. In der Folgezeit kamen die Silber-abgereicherten Varianten bis herunter zum SnAg.3Cu.7 hinzu. Allgemein wurde eine Tendenz erkennbar, den Silberanteil zu reduzieren, schon aus Kostengründen. SAC305 ist main-stream-Lot, wenngleich heute eine gewisse Diversifizierung bei den Loten erkennbar ist.
Die ausschließliche Orientierung auf Zinn-Silber-Kupfer-Lote entsprach insgesamt nicht den Erfahrungen des BFE. Im BFE-Lötprojekt W5 (wellengelötete Verbindungen) hat sich die Nachrangigkeit des SAC bezüglich der Temperaturzykelfestigkeit gegenüber SnCu.7 und SnCu.7Ni.05 ergeben. Die Lebensdauerunterschiede sind jedoch marginal und bei der großen natürlichen Unschärfe der Lebensdauern der Lötverbindungen nicht sicher auszumachen.
Die Stabilität gegen Temperaturwechsel an einer großen Auswahl von Loten wird derzeit mit dem BFE-Projekt R1 an Reflow-Lötverbindungen untersucht.
Einsatzgebiete der RoHS-konformen Legierungen
Nimmt man das große Spektrum der bisher definierten RoHS-konformen Legierungen, so lassen sich bestimmte Gruppen für bestimmte Aufgaben vorteilhaft einsetzen:
1. Breitbandaufgaben, Ausgeglichenheit gegenüber allen Anforderungen weiterhin SAC;
2. Hochzuverlässigkeit: Sn-Ag3.4Bi4.8; Innolot; mit In-Addition weiterentwickelte SAC-Basis;
3. Kostenminimierung: SnZn9- und SnCu.7-Basis-Legierungen;
4. Niedrigtemperatur-Lötprozesse: SnBi-, SnIn-Basis-Lote (neben Spezialloten).
Höhere Betriebstemperaturen sind eine schwierig zu erfüllende Anforderung. Insbesondere die Automotive-Branche sucht hierzu bestgeeignete Lote, mit Sn-Basis-Loten stößt man jedoch bald an Grenzen.
Lotvielfalt bedeutet in der Produktion Mehraufwand
Bei der Vielfalt der verfügbaren Lote stellt sich die Frage, ob man nicht in stärkerem Maße das Lot den Aufgaben bei Verarbeitung und Gebrauch besser anpassen könnte und sollte (anwendungsspezifische Lotauswahl), auch wenn Lotvielfalt bei industrieller Anwendung Mehraufwand oder Störfaktor bedeuten kann.
Je nach Produktanforderungen (Kosten, lötempfindliche Objekte, Zuverlässigkeit usw.) ist die bestgeeignete Legierung aus der Bandbreite der bleifreien, RoHS-konformen Sn-Lote zu finden und dem Produkt anzupassen. In der Produktionspraxis kann kann eine Vielzahl angewendeter Lotlegierungen nachteilig sein.
Lotvielfalt, Eigenschaften und Nutzen für Produktherstellung und -anwendung sowie für die Umwelt gehören zum Arbeitsfeld des Fachverbundes BFE.